Historie der Graft im Zeitraffer
Erstellt in Zusammenarbeit mit Gästeführerin Regina Ungethüm-Meißner
Siehe auch Zeittafel an der Mauer zum Tor der Innengraft (gestiftet von der Volksbank).
13. Jahrhundert
Auf der Burginsel in den jetzigen Graftanlagen beginnt der Bau einer bescheidenen Befestigung, der Wasserburg Delmenhorst als Gräftenburg.
Die Burg ist von einem Wasserring (1. Graftring, heute: innere Graft) umgeben, der durch die Delme gespeist wird. Die Delme und der Graftring bieten Schutz gegen Angriffe, denn das moorige, sumpfige Flussbett ist ein gutes Hindernis.
1254: Erste urkundliche Erwähnung
14. Jahrhundert
Delmenhorst liegt an zwei großen Handelsstraßen. Die „Flämische Straße“ wird direkt durch den Ortskern der Stadt gelegt und „Lange Straße“ genannt.
Delmenhorst erhält Stadtrechte nach Bremer Recht.
16. Jahrhundert
Aufgrund der ständigen Überflutungen der Delme-Arme im Stadtgebiet werden zur Ableitung des Wassers schon vor 1538 ein „Alter Graben um die Stadt“ sowie „Stichkanäle“ (nahe der heutigen Parkstraße) und andere Gräben angelegt.
Trinkwasserleitungen aus Erlenstämmen von Almsloh bis zur Burg versorgen die Bewohner mit gutem Wasser. Die Delme dient auch zur Schmutzwasserentsorgung und Abfallbeseitigung.
Ein zweiter Graftring (heute: äußere Graft) wird hinzugefügt.
Erweiterung der Wasserburg zu einem repräsentativen Weser-Renaissanceschloss für die Delmenhorster Grafen.
Der Wasserstand der Graftringe ist heute höher als das Umland.
17. Jahrhundert
Die Grafenfamilie stirbt aus.
18. Jahrhundert
Abbruch der Schlossgebäude ab 1711. Die Steine wurden wiederverwendet.
Abriss des Schlossturms „Blauer Turm“ 1787 (heute im Wappen von Delmenhorst abgebildet).
19. Jahrhundert
1874: Eröffnung der ersten Badestelle in der Graft an der Wassermühle.
1879: Inbetriebnahme des Peter-Elisabeth-Krankenhaus auf der Burginsel, das nach Schließung von 1928 bis 1972 für Unterrichtszwecke (Berufsschule) genutzt wird.
1882: Der Oldenburger Staat veräußert die Schlossländereien.
1885: Gründung des „Verein für öffentliche Bäder“. Gegenüber der heutigen Minigolf-Anlage: Eröffnung der ersten offiziellen Badestelle, zunächst nur für die männliche Bevölkerung. Ab 1894 wird das Baden in der Öffentlichkeit auch den Frauen unter Einhaltung bestimmter Vorschriften (Kleiderordnung, Sichtschutz, Aufseher) an vier Tagen in der Woche zu bestimmten Zeiten gestattet. Die Delme wird aufgestaut (Delmedeiche). Damit ist der Wasserstand der Delme höher als die umliegenden Wiesen.
1897: Erste Überlegungen zur Planung eines städtischen Wasserwerks: Aufgrund des Bevölkerungszuwachses durch die Industrialisierung benötigt Delmenhorst eine hygienische und dauerhafte Wasserversorgung. Grundwasser wird in ausreichender Menge in den Graftanlagen gefunden;
20. Jahrhundert
1901: Die Stadt kauft die Wassermühle und hat damit freie Verfügung über die Delme. Sie stellt erste Überlegungen für eine öffentliche Grünanlage um die äußere Graft an.
1905: Magistratsbeschluss für „die erste Anlegung einer Promenade um die äußere Graft“. Nach einer vom Bürgermeister Koch veranlassten Besichtigung mit dem Bremer Gartendirektor Ohrt wird im Jahre 1906 „eine Parkanlage als vortrefflich geeignet bewertet“. Nach Erdarbeiten, Bepflanzungen, Beschlackungen der Wege, Aufstellen von Bänken und Anlage der Beete und Rasenflächen wird aus der Graftanlage eine Parkanlage.
1909: Eröffnung des Wasserwerks „An den Graften“.
1910: Einweihung des 44 m hohen Wasserturms mit Aussichtsplattform nach einjähriger Bauzeit. Mit einer Kapazität von fast 500 m³ dient der Turm als Druckgeber und Speicher für die Wasserversorgung der Stadt. Nun kann Grundwasser in ausreichender Menge aufbereitet, gefiltert und gespeichert werden und mit dem notwendigen Druck in die Haushalte fließen.
1911: Der Musiker Wilhelm Rehfeld komponiert zur Graft den „Promenadenwalzer“ und das Klavierstück „An der Graft“
1914: Anlage eines neuen, repräsentativen Aufgangs in die Graft von der Bismarckstraße ausgehend.
1929: Der Rundweg auf der Burginsel wird angelegt.
1932: Verbindung von den Graftanlagen zum Schlutterweg auf dem rechten Delmedeich.
1951: Die Stadt Delmenhorst erwirbt die „von Witzlebenschen Wiesen“ (zwischen Wasserwerk und Burggrafendamm) und bezieht einen Teil davon (17 ha) in die Graftanlagen ein.
1952: Nach dem 2. Weltkrieg ist die ursprüngliche Graft stark verwildert, muss aufgeräumt werden. Die Delmebrücke zur Burginsel (vor dem heutigen „Graftwerk“) wird eingeweiht.
1954-1957: Die Graftanlage wird Richtung Max-Planck-Straße erweitert. Damit entsteht der Stadtpark rings um die Burginsel.
1961: Beginn der Erschließung des Weidelandes (von Witzlebenschen Wiesen) zwischen Wasserwerk und Burggrafendamm und Nutzung als Parkplatz und Veranstaltungsgelände.
1962: Das alte Graftbad wird geschlossen. Die Wasserqualität (30 cm Sichttiefe), die geringe Fläche und die hygienischen Gegebenheiten sind nicht mehr zeitgemäß.
1963: Eröffnung des neuen Freibades. Es entsteht ein völlig neuer zeitgemäßer Komplex mit Sprungturm, 50 m-Bahn und großen Liege- und Spielwiesen. Der Treffpunkt der Jugend an schönen Sommertagen.
1964: Ein Wunschtraum vieler Delmenhorster in Erfüllung: Am selben Standort wird ein Hallenbad in Betrieb genommen, das 1981 zu dem damals spektakulären Freizeitbad „Delfina“ umgestaltet wird.
1971: Einweihung des Minigolf-Platzes in der Parkanlage . Eine neue Holzbrücke verbindet die Innen- mit der Außengraft.
1972: Die Graft wird offiziell zum Naherholungsgebiet erklärt. Der sumpfige Boden der Graft wird durch die permanenten Grundwasserentnahmen zur Trinkwasseraufbereitung entwässert. Aufgrund des steigenden Wasserbedarfs der Delmenhorster wird de Bau eines weiteren Wasserwerkes geplant und 1974 in Annenheide in Betrieb genommen.
1979/80: Als Hingucker wird am Eingang der Burginsel das gräfliche Gartenhaus / „Lusthaus“, welches ursprünglich auf dem Gut Weyhausen an der Ochtum stand, aufgebaut. Auf der inneren Burginsel werden einige Fundamentsteine des Schlosses durch Bodenmarkierungen sichtbar gemacht (Daneben zeigt eine Bronzerelief-Tafel den Grundriss der Schlossanlage gestiftet vom Rotary Club). Einbau des Wappensteins in die Eingangsmauer der Burginsel. (Gestiftet vom Lions Club)
2004: 24-Stundenlauf in Delmenhorst durch die Graft. Inzwischen ist dies ein europaweit bekannter Stadtlauf mit knapp 1000 Teilnehmern, der jedes Jahr in unserer Graft stattfindet.
2010: Abriss des alten „Delfina“ und Baubeginn der „GraftTherme“.
2011: Anfang des Jahres wird die über 100-jährige Trinkwasserförderung in der Graft eingestellt. Folge: Anstieg des Grundwasserspiegels, Überschwemmungen eines Großteils der Graft und beträchtliche Naturschäden (u. a. massives Baumsterben). Im größeren Umkreis der Graft gibt es erhebliche Schäden an Häusern, Kellern, Gärten, Wegen usw. Weite Teile der Graft werden gesperrt, da dort wegen des hohen Wasserstandes ein Betreten der Wege nicht mehr möglich ist. Ab Herbst wird wieder Grundwasser aus den Graftanlagen gepumpt, um den Überschwemmungen entgegen zu wirken; Landschaften, Grundstücke, Keller und Gärten werden wieder trocken. Im August wird die „GraftTherme“ eröffnet, eines der schönsten Freizeitbäder Norddeutschlands.
2012: Die Graft bleibt wegen der Gefährdung durch abbrechende Äste und Umsturz verfaulter, abgestorbener Bäume gesperrt.
2013: Das Delmenhorster Naturerbe bekommt ein (trauriges) neues Gesicht: ca. 1000 Bäume der Graft sind durch die Wasserschäden unrettbar verloren und müssen zwangsweise gefällt werden. Ende des Jahres kann die Sperrung der Graft aufgehoben werden; Totholz und geschädigte Bäume sind entfernt. Das Hochwasserrückhaltebecken in Schlutter ist nach 10-jähriger Bauzeit fertig gestellt und könnte bei Überschwemmungen der Delme und Bedrohung der Überflutung der Delmenhorster Innenstadt geschlossen werden und Schlimmeres verhindern.
Januar 2014: Um die Graft als Naherholungspark und Kulturerbe zu erhalten, trifft sich eine Gruppe Delmenhorster Unternehmer und Interessierter mit dem Ziel, einen gemeinnützigen Verein zu gründen.
April 2014: Gründung des Vereins „Unsere Graft e.V. – Bürgerparkverein Delmenhorst“. Der Verein versteht sich als Sprachrohr aller Bürger, die ihr lokales Umfeld gemeinsam erhalten, mitgestalten und prägen wollen.
Mai 2014: Vor der großen Graftbrücke wird auf Initiative des Heimatvereins Delmenhorst ein durch Spendengelder finanziertes anschauliches Bronzemodell des ehemaligen Weser- Renaissanceschlosses aufgestellt.
Die Graft heute – das Beste in Delmenhorst
Die Graftanlagen – Oase für Freizeit und Erholung
Für 78% der Delmenhorster ist die Graft unangefochtener Spitzenreiter bei den städtischen Grünflächen, das beweist eine Internetumfrage. Hier finden alle Bürger Entspannung und Naturerlebnisse oder können sich sportlich betätigen inmitten einer malerischen Oase der Ruhe, geprägt durch alten Baumbestand, Hecken, Büsche, Wasserläufe und weite Wiesen.
Unsere Oberbürgermeisterin Petra Gerlach lobt:
Der Bürgerparkverein Unsere Graft zeigt, was echter Bürgersinn ist! Bürger setzen sich ohne Eigennutz ein für die Gemeinschaft, für das Gemeinwohl, für uns Alle.
„Die Trinkwasserförderung muss möglichst bald wieder aufgenommen werden. Wir können es nicht zulassen, dass unsere grüne Lunge durch einen zu hohen Wasserstand irreparablen Schaden nimmt.“ Ein hoher Wasserstand schädigt nicht nur Bäume, Sträucher und andere Pflanzen, auch die umliegenden Häuser werden in Mitleidenschaft gezogen. „Die Anwohner haben sich beim Bau oder Erwerb ihrer Häuser darauf verlassen, dass der Grundwasserspiegel durch die Wasserförderung in der Graft auf einem verträglichen Niveau gehalten wird. Wir dürfen Sie nicht mit ihren Sorgen allein lassen.“
Auch unserem früheren Oberbürgermeister Axel Jahnz lag die Graft und die Bürgerbeteiligung sehr am Herzen. Schon in seinem Wahl-Flyer aus dem Jahre 2014 schrieb er:
„Ein wirkliches Schmuckstück unserer Stadt, die Graft, ist durch die Einstellung der Trinkwasserförderung und dem folgenden Anstieg des Grundwassers dauerhaft stark beschädigt worden. Diese Fehler müssen korrigiert werden.
Wir – der Bürgerverein - setzen uns weiterhin ein für:
• Wiederherstellung der Graft als attraktive Park- und Freizeitanlage mit Bolzplatz, Grillstelle, Boule-Platz, Ruhebänken, Trimmpfad, usw.• Schutz der Anlieger vor weiteren Beschädigungen ihrer Häuser und Grundstücke.
• Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe
• Kein Hotel auf dem Graft-Gelände und Einstellung der Graftbogen-Planung
• Wiederaufnahme der Trinkwasserförderung“
Freizeitangebote in der Graft
• Bienenlehrpfad
• Minigolfanlage
• Kinderspielplatz
• Skater Bahn
• Tret- und Ruderbootfahren
• Gastronomie
• Modellboothafen
• Angelplätze
• Fitnessparcour
• Barfußpfad
Regelmäßige Veranstaltungen an der Graft oder der Burginsel
• Konzerte (z. B. DK-Sommerkonzert, Garten-Kultur, Musikfestival, Einzelkonzerte)
• 24-Stunden-Lauf (seit 2004)
• Graf Gerds Stadtgetümmel (Mittelalter-Spektakel)
• Kramermarkt (April und September)
• Mittelalterlicher Markt
• standesamtliche Trauungen im Gartenhaus
Sowie viele weitere Veranstaltungen.